Vom 1. bis 16. Juni 2024 hat das Festival zum zweiten Mal nach Bitterfeld-Wolfen eingeladen, um „den Osten“ und den Wandel, der sich hier in den Biografien, der Landschaft und im Zusammenleben vollzogen hat, künstlerisch zu erforschen. Wie lässt sich dieser Wandel mithilfe der Kunst fassen? Mit einem vielseitigen Programm aus Theater, Filmen, Workshops, Gesprächen und vielem mehr hat das Festival den „Osten“ gesucht, befragt und gefeiert.
Mehr als 100 Künstler:innen, 70 Studierende und 30 Institutionen haben das Programm der Ausgabe mitgestaltet, darunter neben Kitas, Schulen, Jugendclubs und Vereinen aus der Region etwa auch mehrere Kunsthochschulen und Theater, die Köthener Bachfesttage, die Stiftung Bauhaus Dessau, die Akademie der Künste Berlin und die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss. Mehr als 7.000 Besucher:innen haben die Chance genutzt, sich in den vielfältigen Veranstaltungen künstlerisch mit den Umbrüchen und der Zukunft in Bitterfeld-Wolfen, Ostdeutschland und anderen Regionen mit Transformationserfahrungen auseinanderzusetzen.
Weltgeschichte im Brennglas
Die Ausgabe widmete sich insbesondere der Film- und Faserproduktion im Stadtteil Wolfen. Wie unter einem Brennglas bündelt sich hier die Geschichte fossiler Industrialisierung: Angetrieben durch die Energie der Braunkohle und die Filmeuphorie des 20. Jahrhunderts, wird das anhaltinische Dörfchen Wolfen binnen einer Generation erst zur modernen Industriestadt, dann zum nationalsozialistischen Prestige-Standort und später zur sozialistischen Vorzeigestadt. In Wolfen werden einer der ersten praktikablen Farbfilme entwickelt und die Kult-Marke ORWO geboren. Nach der Wiedervereinigung prägen der Ausverkauf und die Demontage der Filmfabrik, Arbeitslosigkeit und Wegzug die Stadt. Wolfen wird Teil einer Landschaft, die wir entweder als problematische Hinterlassenschaft oder als Teil der Lösung für eine Gesellschaft von morgen begreifen können. Wo, wenn nicht hier können Geschichten von Veränderung erzählt werden?
Welt Weit Wolfen?
Am ersten Festivalwochenende vom 1. bis 2. Juni spielten die historischen Verbindungen der Filmstadt Wolfen nach Schostka in der Ukraine und Rochester in den USA eine besondere Rolle. Alle drei Städte blicken auf eine gemeinsame Geschichte industrieller Farbfilmproduktion zurück und teilen die Erfahrungen von Umweltverschmutzung, Deindustrialisierung, Arbeitslosigkeit und der Suche nach neuen Perspektiven.
Ewigkeitsprobleme
Im Fokus des zweiten Wochenendes vom 7. bis 9. Juni standen die natürlichen Lebensgrundlagen: Vor 40 Jahren fand zwischen Bitterfeld und Wolfen eine der ersten Umweltdemonstrationen der DDR statt. Die Region galt als eine der dreckigsten Europas und die giftigen Hinterlassenschaften müssen als sogenannte Ewigkeitsprobleme noch lange intensiv betreut werden. Trotzdem hat die Region inzwischen vielerorts Naherholungswert!
Was kommt nach der Industrie?
Ein dritter Schwerpunkt richtete den Blick in die Zukunft: In vielfältigen Formaten setzten sich etwa internationale Künstler:innen des Bauhaus-Lab am letzten Festivalwochenende vom 14. bis 16. Juni mit den industriellen Umbrüchen in Bitterfeld-Wolfen auseinander.
Herzstück: Kunst-Parcours an ehemalige Industrieorte in Wolfen
Herzstück des Festivals war eine Ausstellung vieler Künstler:innen, die als Parcours zwischen der ehemaligen Feuerwache, den Brachen der ehemaligen Film- und Faserfabrik, dem Industrie- und Filmmuseum sowie dem ehemaligen Kino zum Staunen und eigenständigem Erkunden einlud. Mehr als 50 Kunstwerke gab es hier zu sehen!
Die ehemalige Feuerwache Wolfen hat sich in ein lebendiges Festivalzentrum verwandelt – und eingeladen, einigen der brennenden Fragen rund um die Umbrüche „im Osten “ und anderen Regionen mit Transformationserfahrung nachzuspüren. Mit Wasserrutsche und Pool war er zugleich Oase, in der man sich erfrischen und hinterher mit kühlem Kopf weitermachen konnte.
Gemeinsam in den Tag starten, selbst kreativ werden und abendlichen Gesprächsrunden lauschen
Das Festival OSTEN ist als Mosaik gebaut: An jedem der Festivaltage konnten Besucher:innen mit einem Morning Club in Wolfen-Nord in den Tag starten, sich danach die Ausstellung im Kunst-Parcours anschauen, am Nachmittag etwa in offenen Werkstätten oder künstlerischen Aktionen selbst kreativ werden und am Abend gemeinsam mit Künstler:innen und Expert:innen über die Frage des Tages diskutieren. Auch unabhängig von den Veranstaltungen konnte eine Vielzahl von Kunstwerken, Audiowalks und Installationen im Stadtraum erkundet werden.
Großer Dank gilt allen Mitwirkenden
Künstler:innen
AbRAUM – bandentheater – Roman Boichuk – lfm2 – Lili Carr – Jan Caspers – la relève – Laya
Chirravuru – Club de Bridge – Cora Czarnecki – DAS HELMI – Maria Dinca – edugrapes – Caroline
Ektander – Paula Erstmann – Josephine Findeisen – Ulrike Franke – Calle Fuhr – Wiebke Fötsch –Fungi Fung – Sven Gatter – Ines Glowania – Lucila Guichon – Angela González – hannsjana – Britt Hatzius – Anke Heelemann – Rebekka Hehn – Thomas Heise – Milan Herms – Lorenz Hoffmann – Polly Härle – Nataly Hulikova – Deborah Jeromin – Sven Johne – Ulrike Jänichen – Franziska Klose – Wilhelm Klotzek – Tanja Krone – Thomas Kürstner – les dramaturx – Dima Levitskyi – Michael Loeken – Matthias Luthardt – Alanna Lynch – Maryna Makarenko – Martin Maleschka – Elena Maldonado Suarez – masharu – Michikazu Matsune – Viviana Medina – Christophe Meierhans – Nora Mertes – Ari Benjamin Meyers – Lynn T Musiol – Hans Narwa – Moritz Nitsche – no_drama@hotmail – Oscar Olivo – Marina Otero Verzier – Alexander Pehlemann – Kristiane Petersmann – Jo Preußler – raumlaborberlin – Jasmina Rezig – Judith Rinklebe – Lisandro Rodriguez – Ron Rosenberg – Elsa Saade – Tatjana Saphir – Isabelle Schad – Scharnierfunktion – Markus Schicketanz – Jenny Schily – Sandra Schubert – Seline Seidler – Alison Shea – spector books – STUDIO URBANISTAN – Livia Szabo – Claudia Tomasi – Amy Trompetter – Axel Töpfer – Folkert Uhde – Urbane Dermatologie – Sebastian Vogel – Stefan Wartenberg – Anna-Lena Wenzel – Werksorchester – Frieda Westphalen – WSR & Friends – Anna Zett – Tobias Zielony und
viele andere.
Kulturinstitutionen
Akademie der Künste Berlin – Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle – C/O Education Berlin – Die Kunst, Viele zu bleiben / Fonds Darstellende Künste – Goethe-Institut New York – Goethe-Institut Ukraine – Hochschule für Bildende Künste Dresden – Hochschule für Bildende Künste – Städelschule Frankfurt (Main) – Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig – Hochschule für Musik und Darstellende Künste Frankfurt (Main) – Hochschule für Musik und Theater „Felix
Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig – Köthener Bachfesttage – LanZe – LOFFT – DAS THEATER – Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg – Schauspiel Leipzig Residenz – Stiftung Bauhaus Dessau – Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss – Theater Magdeburg.
Beteiligte Institutionen aus Bitterfeld-Wolfen
AmateurTheater Wolfen e. V. – Christophorushaus Wolfen-Nord – Diakonie Bitterfeld-Wolfen-Gräfenhainichen – Frauen helfen Frauen e.V. – Freie Schule GoitzscheFlieger – Heinrich-Heine-Gymnasium Bitterfeld-Wolfen – Industrie- und Filmmuseum Wolfen – Jugendclub 83 e.V. – Kita Campus Kids – Kleingartensparte „Am Rodelberg“ e. V. Wolfen – Kreismuseum Bitterfeld – Malverein „Neue Schenke“ e.V. – Mehrgenerationenhaus Bitterfeld-Wolfen – Musikgalerie an der Goitzsche – Musikschule „Gottfried Kirchhoff“ Bitterfeld-Wolfen – Sekundarschule I Wolfen-Nord – Sonnenlandschule Wolfen – Stadt- und Tourismusinformation der Stadt Bitterfeld-Wolfen – Städtisches Kulturhaus Bitterfeld-Wolfen – Wolfen Nord e.V. sowie der Stadt Bitterfeld-Wolfen und dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld.
Das Festival in den Medien (Auswahl)
DIE ZEIT (27.06.2024): Gutes aus der Giftfabrik, von Carl Hegemann
Deutschlandfunk Kultur (1.06.2024): Sondersendung FAZIT Live, von Vladimir Balzer und Susanne Burkhardt
MDR KULTUR (1.06.2024): Wolfen: Festival feiert Umbruch und Chancen im Osten, von Ulrich Wittstock
Förderer, Sponsoren & Unterstützer: