FESTIVAL OSTEN 2022
Vom 1. bis 17. Juli 2022 hat das Festival zum ersten Mal nach Bitterfeld-Wolfen eingeladen, um „den Osten“ und den Wandel, der sich hier in den Biografien, der Landschaft und im Zusammenleben vollzogen hat, künstlerisch zu erforschen. Wie lässt sich dieser Wandel mithilfe der Kunst fassen? Mit einem vielseitigen Programm aus Theater, Filmen, Workshops, Gesprächen und vielem mehr hat das Festival den „Osten“ gesucht, befragt und gefeiert.
Mehr als 60 Künstler:innen und 150 Studierende sowie ein breites Netzwerk aus fast 30 Kulturinstitutionen haben sich an der ersten Auflage beteiligt. Und etwa 5.000 Menschen aus nah und fern haben die Veranstaltungen in Bitterfeld und Wolfen besucht.
Herz des Festivals: der Kulturpalast
Das Zentrum des ersten Festivals war der geschichtsträchtige Kulturpalast in Bitterfeld. Das Gebäude steht seit 2016 leer, ist aber in seiner Größe, Form und seinem gut erhaltenen Zustand einmalig. In den 1950er Jahren von den Menschen aus der Region selbst erbaut, war der Kulturpalast ein Ort des künstlerischen Aufbruchs in der DDR.
Der „KuPa“ war nicht nur eine Bühne für Stars und Sternchen, sondern auch ein wichtiger kulturpolitischer Schauplatz: Hier wurde 1959 der „Bitterfelder Weg“ ausgerufen. Die Idee: das Gegenüber von „Arbeiterschaft“ und „Intellektuellen“ auflösen, indem Arbeiter:innen Kunst machen und Künstler:innen in die Produktion gehen.
Aus dem Kulturpalast wurde so innerhalb der engen ideologischen Grenzen der DDR-Kulturpolitik ein Ort mit vielen Freiheiten, an dem Kunst und Kultur für alle zugänglich war und Menschen verschiedenster sozialer Herkunft zusammenfinden konnten. Das Festival hat davon vor allem den Gedanken der Begegnung aufgenommen: Wie können wir diese besondere Form des Austauschs im Hier und Heute neu erfinden?
Mit Schubkarren Kunst entdecken
Im Kulturpalast selbst hat ein Parcours diesen Gedanken während der Festivalzeit aufgegriffen. Mit aufwändig gestalteten Schubkarren, die an den Aufbau des Gebäudes erinnerten, konnten die Besucher:innen Kunstwerke über Bitterfeld-Wolfen besichtigen – und dabei selbst aktiv werden. In einer Druckwerkstatt ließen sich Eindrücke bspw. mit Siebdruck auf Stoffbahnen bringen. Kunst als Anlass, um zu entdecken, zu agieren, in Kontakt zu kommen und zu bleiben.
Verweilen im Atelier für gegenseitiges Interesse
Neben dem Kulturpalast hat das Atelier für gegenseitiges Interesse zum Durchatmen, Zuhören und Unterhalten eingeladen. Gestaltet vom innovativen Architekturbüro raumlabor berlin und regionalen Partnern diente die luftige, offene Konstruktion als kleine Agora für Gespräche, etwa bei der Frage des Tages, und als Raum für Begegnung und Austausch.
Besondere Formate: Morning Club, Ausflüge und Frage des Tages
An jedem der Festivaltage gab es die Möglichkeit, mit einem Morning Club in den Tag zu starten, auf Ausflügen mit Künstler:innen und Ortsansässigen die Gegend zu erkunden und gemeinsam mit Künstler:innen und Expert:innen über die Frage des Tages zu debattieren.
Installationen im öffentlichen Raum und Audiowalks stellten weitere Anlässe dar, die Stadt Bitterfeld-Wolfen und ihre Landschaft (neu) zu entdecken.
Orte, die von Arbeit, Umbruch und Zukunft erzählen
Das erste Festival hat den Kulturpalast als geliebten Erinnerungsort reaktiviert und gleichzeitig ungewöhnliche Zugänge zur Stadt geschaffen. So gehörten etwa auch das Kreismuseum in Bitterfeld, das Kino in Wolfen und das Wasserzentrum an der Goitzsche zu den Hauptdarsteller:innen des Festivals.
Ein Spotlight hat das Festival aber auch auf jene Orte geworfen, die leicht vergessen und übersehen werden: die renaturierten Brachen, auf denen einst Werksgebäude standen, oder die oberirdischen Trassen für Chemikalien und Wasser. Ausflüge und Hörspaziergänge an eben jene Orte ermöglichten neue Blicke auf vermeintlich Unauffälliges und Gewöhnliches.
Überblick über die Produktionen:
Aus Sicht des Archivs – Bach in Bitterfeld – Bitter, Felder, Märchen – Bitterfelder Hof – Bitter Fields – Blackbox Wolfen – BTF Palette – Buchstabenwerkstatt – Burg in Bitterfeld (Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle) – Collective Photo – Deep Sea Mining – Der Schweiss der Erde – Ein Denkmal für das Frauenzentrum Revisited – Einheit, Arbeit, Wachsamkeit – Erfrischungsraum 2 (Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig) – Fünf Tauben für den Frieden – Glückliche Gärten – Himmel im Boden – „Ich mach ein Lied aus Stille“ – Konzert Brigade Futur III & Spielvereinigung Sued – Kunstwelten – Läsuren – Mapping Bitterfeld – Mining Stories – Neubau – Nowhere Is Home – Resonanz – Schichten / Shifts – Sehnsucht nach Bitterfeld – Transformation Disko – Vegetation unter Strom – Von Insassen und Insekten – Werksorchester
Großer Dank gilt allen Mitwirkenden 2022
Künstler:innen:
Nevzat Akpınar – Cécile Belmont – Brigade Futur 3 & Spielvereinigung Sued – Studierende der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle – Caroline Ektander & Stephan Thierbach – Lucila Guichon – Antonia Grohmann – Ulrike Gutbrod – Manaf Halbouni – Ant Hampton & Rita Pauls – Studierende der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig – Silke Huysmans & Hannes Dereere – Ralf Höpfner & Thomas Freundner – Sven Johne & Falk Haberkorn – Mely Kiyak – Franziska Klose & Lorenz Hoffmann – les dramaturx – Dima Levytski – Martin Maleschka – Ari Benjamin Meyers – Studierende der Staatlichen Musikhochschule Trossingen – Henrike Naumann – Moritz Nitsche & Kristiane Petersmann – Paweł Paszta – raumlaborberlin & lfm2 & la relève – Ron Rosenberg – Isa Rosenberger – Tucké Royale & Johannes M. Schmit – Benjamin Scheuer – Julia Schmidt & Arthur Zalewski – Urbane Dermatologie – Malte Wandel – Stefan Wartenberg – Anna Zett & Hermann Heisig – Tobias Zielony
Kulturinstitutionen:
Akademie der Künste – Anhaltisches Theater Dessau – Bauhaus-Universität-Weimar – Bernhard-Franke-Förderverein e. V. – Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle – Ferropolis – Galerie am Ratswall – GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig – Hochschule Anhalt – Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig– Industrie- und Filmmuseum Wolfen – Kreismuseum Bitterfeld – Kulturbahnhof Tannepöls – Kulturpalast Bitterfeld – Köthener Bachfesttage – Köthener Schlossbund – MehrGenerationenHaus Bitterfeld-Wolfen – Musikschule „Gottfried Kirchhoff“ Bitterfeld-Wolfen – Residenz des Schauspiel Leipzig – Staatliche Hochschule für Musik Trossingen – Staatliche Kunsthalle Baden-Baden – Stiftung Bauhaus Dessau – Theater Magdeburg – Umweltbundesamt – Werkleitz Gesellschaft e.V.
&
die beteiligten Institutionen aus Bitterfeld und Wolfen:
AmateurTheater Wolfen e.V. – Aufbruch e.V. psychisch Erkrankte Bitterfeld – Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld e.V. – Berufsschulzentrum August von Parseval Bitterfeld-Wolfen – Diakonie Frauenhaus Wolfen – Europa Gymnasium Bitterfeld – Grundschule Steinfurth – Heinrich-Heine-Gymnasium Bitterfeld-Wolfen – Jugendclub Greppin – Jugendclub Holzweissig – Jugendclub 83 e.V. – Kleingarten-Freunde Wolfen – Kunstverein Bitterfeld/Wolfen Malerei & Graphik e.V. – Musikschule „Gottfried Kirchhoff“ Bitterfeld-Wolfen – Malverein Neue Schenke Wolfen e.V. –
Sonnenlandschule Wolfen – Stadtbibliothek Bitterfeld – Stadt Bitterfeld-Wolfen
sowie den Förderern, Sponsoren & Unterstützern
Das Festival in den Medien (Auswahl)
- MDR KULTUR (15.07.2022): Ein Film erzählt, wie ein Festival den Kulturpalast in Bitterfeld zum Leben erweckt von Dennis Wagner
- „In Berlin wurde der Palast der Republik schließlich abgerissen, um das Humboldt-Forum aufzubauen und dort geklaute Geschichte auszustellen. […] Und hier, in Bitterfeld? Wirkt es nicht, als ob Geschichte vergessen würde oder nur als Kulisse dienen soll. Sondern als ob sie das tun darf, wofür sie da ist: sichtbar sein, damit aus ihr gelernt werden kann.”
ZEIT IM OSTEN (14.07.2022): Der Osten in Großbuchstaben von Valerie Schönian - tagesthemen (8.07.2022, ab 24:19 min): Das Werksorchester von Bitterfeld von Vera De Wel